Prolog:Seven Hills

 

 

1. Zeitalter:

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  2. Zeitalter: Die Feenkönigin   ·   Im Reich des Todes   ·   Die Rückkehr des Kriegsherren   ·   Pfad der Tränen   ·   Das Rheingold   ·   Raue Winde

 

 

3. Zeitalter: Lerchenkrieg   ·   Die Hexe  

Der Lerchenkrieg

 

Battle of Nördlingen in 1634 (Ausschnitt), Jacques Courtois (1621-1675)

 

Weit von den Seven Hills entfernt, im Süden des Reiches, fiel vor Urzeiten – so erzählt man sich – ein gigantischer Felsbrocken vom Himmel. Das ist schon so lange her, dass kein Mensch oder sonst irgend ein Lebewesen ihn je gesehen hat. Doch hat dieser Felsbrocken eine Spur hinterlassen, die noch heute dort zu finden ist. An jenem Ort ist nämlich durch den Aufprall ein tiefer liegendes, nahezu rundes Becken entstanden, in der ansonsten bergischen Landschaft. Dieser Himmelsbrocken war so groß, dass das Becken ganze 13 Meilen Durchmesser hat! Das Regenwasser floss die Berge hinunter und sammelte sich dort. So entstand über die Jahrtausende ein fruchtbares Tal, das Menschen zum siedeln magisch anlockte.
     Beinahe mittig im Tal entstand ein Dorf, das den Namen »Nördlingen« erhielt, weil die Menschen die dort gesiedelt hatten, aus dem fernen Süden kamen. Ganz im Norden des Tales hingegen entstand ein weiteres Dorf, welches des Namen »Öttingen« erhielt. Dort bildete sich mit der Zeit ein Adelsgeschlecht, das viele umliegende Ländereien besaß und 1147 in den Grafenstand erhoben wurde. Diese Hochadeligen residierten fortan in ihrer Stammburg in Öttingen.
    In Nördlingen aber geschah solches nicht. Das Dorf erhielt 1215 Stadtrechte und wurde so zur Reichsstadt. Die Bürger bauten eine hohe Stadtmauer und wurden nicht durch einen Grafen sondern durch den Stadtrat regiert.

 

Zwischen den Grafen von Öttingen und der Stadt Nördlingen gab es von nun an viele Streitereien.
     Gegenstand des Konflikts waren die umliegenden Gebiete der Stadt Nördlingen. Die Grafen behaupteten, dass diese seit hunderten von Jahren ihr Besitz und Herrschaftsgebiet waren. Die Nördlinger hingegen hatten Freibriefe und andere Dokumente jüngerer Zeit, die zu ihren Gunsten waren. Diese erkannten die Grafen aber nicht an und so vertrieben sie die Nördlinger immer wieder, wenn sie diese beim Jagen in den streitigen Gebieten erwischten.
     Die Nördlinger bejagten das Niederwild aber schon seit vielen Generationen: Hasen, Kaninchen, Fasane, Wachteln, Feldlerchen. Letztere wurden nicht nur als Singvögel gehalten sondern auch genau wie Wachteln zubereitet und gegessen. Die Lerchen dieses großen, runden Tales, welches inzwischen den Namen »Nördlinger Ries« bekommen hatte, schmeckten ganz besonders gut und wurden daher auch in andere Städte und Burgen verkauft. Sowohl für die Nördlinger als auch für die Grafen war die Lerchenjagd daher eine nicht zu verachtende Einnahmequelle. So entstand eine Fehde, die Jahrhunderte dauern und vielen Menschen das Leben kosten sollte.

 

Jährlich im Herbst spitzte sich der Konflikt zu, wenn das »Lerchenstreichen« stattfand. So nannte man die Jagd auf die Feldlerchen, die nur bei Nacht stattfinden konnte. Die Nördlinger Bürger trugen ein Netz über die Felder, wo sie in der Abenddämmerung das Einfallen der Lerchen beobachtet hatten. Die aufgescheuchten und aufsteigenden Lerchen verfingen sich dann in den Garnen dieses großen Netzes. So konnten tausende Lerchen auf einmal gefangen werden!
     Die Grafen von Öttingen hatten inzwischen in der Nähe von Nördlingen die Burg Wallerstein gebaut und bejagten ebenfalls die Lerchen in denselben Gebieten. So kamen sich die beiden Parteien ständig in die Quere. Mal vertrieben die Nördlinger die Gräflichen, mal andersherum. Oftmals gab es auch blutige, körperliche Auseinandersetzungen und auch Tote.
    Am 5. September 1614 kam es dann zu der Schlacht auf dem Stoffelsberg. 60 Nördlinger Musketiere, 15 Wallersteinische Reiter, 20 Wallersteinische Schützen und noch weitere Landsknechte trafen während der nächtlichen Lerchenjagd aufeinander. Rottenmeister der Nördlinger waren Hauptmann Treuchtlinger und Hauptmann Senger. Die Gräflichen wurden angeführt von Rottenmeister Graf Max Willhelm von Wallerstein. Die Schlacht nahm ein Ende, als der noch junge Rottenmeister Graf Max Willhelm von Wallerstein auf seinem Pferde durch einen Schuss in seinen Kopf tödlich getroffen wurde.

 

Ein Lied besingt noch heute diese Fehde und das tragische Ende des jungen Grafen:

 

 

Tausend Lerchen schwebten singend
Auf dem weiten, ebnen Ries,
Dass ihr heller Ruf die Menschen
Nicht im Hause bleiben ließ.
Aus der Burg vom Wallersteine
Ritt der Graf mit seinem Sohn,
Will für ihn die goldnen Sporen
Holen an des Kaisers Thron.

»Lerchen sind wir, freie Lerchen,
Wiegen uns im Sonnenschein,
Steigen auf aus grünen Saaten,
Tauchen in den Himmel ein.«

Freut sich bei dem Lerchenwirbel
Schon der reichen Vogelbrut,
Doch dem Jüngling ihm zur Seite
Hüpft das Herz von Rittermut.
Dass der junge Rottenmeister
Führt zum Garten seine Braut,
Pflücket ihr das erste Veilchen
Bei der Lerchen Morgenlaut.

»Lerchen sind wir, freie Lerchen.
Nicht mehr lieblich ist es hier,
Singen ist uns hier verleidet,
Fliegen, fliegen wollen wir.«

Abendlich im Herbstesnebel
Ziehn die Bürger aus dem Tor,
Breiten, richten still die Garne,
Lauschen mit gespanntem Ohr.
Ruft der junge Rottenmeister:
»Schwert vom Leder! Spieß herbei!
Lerchen darf ein jeder fangen,
Kleine Vögel, die sind frei.«

»Lerchen sind wir, freie Lerchen.
Nicht mehr lieblich ist es hier,
Singen ist uns hier verleidet,
Fliegen, fliegen wollen wir.«

Als der graue Morgen dämmert,
Liegt der Jüngling tot im Feld;
Über ihm, aufs Schwert sich stützend,
Grimmig, stumm, der greise Held.
Und noch einmal, eh sie ziehen,
Steigen tausend Lerchen an,
Flattern in der Morgensonne,
Schmettern, wie sie nie getan:

»Lerchen sind wir, freie Lerchen,
Fliegen über Land und Flut;
Die uns fangen, würgen wollten,
Liegen hier in ihrem Blut.«

 

                        - Ludwig Uhland (1787-1862)
                          (gekürzt & veränderte Vers-Reihenfolge)

 

 

 

 


 

Anmerkung:

Ähnlich eines historischen Romans erhebt diese historische Kurzgeschichte keinen zwangsläufigen Anspruch auf wissenschaftliche Richtigkeit. Auch wenn diese Geschichte in keinem Widerspruch zu den Quellen jener Zeit steht, so sind dennoch einige Details frei erfunden.
     Da von der Schlacht auf dem Stoffelsberg kein historisches Gemälde existiert, wird eingangs das Kunstwerk von Jacques Courtois gezeigt, welches die Schlacht bei Nördlingen darstellt, die auf den Tag genau 20 Jahre später - im Dreißigjährigen Krieg - stattfand. Diese war um ein Vielfaches größer und verheerender, jedoch gibt dieses Gemälde dennoch einen Einblick in die Zeit und den Ort der vorangegangen Lerchenkriege.

 


 

 

 

 

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